Begeisterung und Engagement für die neue
Aufgabe waren schon in der Anfangsphase des
Heims groß. So groß, dass man fast vergessen
hätte, sich rechtzeitig um die notwendigen
behördlichen Genehmigungen für den Aus- und
Umbau des bislang privat genutzten Hauses zu
kümmern.
Eine kurze Mitteilung an das Zehlendorfer
Wohnungsamt ('Die Stiftung 'Haus Pius Xll'
in Berlin Zehlendorf,
Sophie-Charlotte-Straße 31, hat das genannte
Haus erworben und beabsichtigt, in diesem
Gebäude ein Altersheim einzurichten. Die
Stiftung bittet das Wohnungsamt, das Haus
für diese Zwecke benutzen zu dürfen') vom
20. Juni 1950 genügte offensichtlich nicht,
denn dieser Brief kreuzte sich mit einer
amtlichen Mitteilung vom 21. Juni, aus der
ersichtlich wurde, dass schon eine genauere
Auskunft über das beabsichtigte Vorhaben
gewünscht würde. Das Schreiben legt die
Vermutung nahe, dass das 'Bezirksamt
Zehlendorf von Groß-Berlin, Abt. Bau- und
Wohnungswesen/Wohnungsamt' auch von sich aus
tätig geworden war, denn es ist kein Bezug
auf den Antrag Fraccaris festzustellen.
Es heißt in dem Schreiben: 'Die Baupolizei
hat uns mitgeteilt, dass Sie beabsichtigen,
das von Ihnen erworbene Haus auszubauen, um
dort ein Altersheim einzurichten. Wir
erlauben uns darauf hinzuweisen, dass nach
den Bestimmungen des Wohnungsgesetzes jede
bauliche Veränderung im Hause auch der
wohnungsamtlichen Genehmigung bedarf. Wir
bitten Sie, uns mitzuteilen, welche
Absichten Sie bezüglich des Hauses haben. Um
über Ihren Antrag zu entscheiden, benötigen
wir eingehende Angaben, insbesondere
darüber, wie viele Personen in dem Haus
untergebracht werden sollen, ob es sich um
Selbstzahler handelt oder ob die Kosten für
die Unterbringung aus öffentlichen oder
welchen Mitteln zur Verfügung gestellt
werden.'
Fraccari beeilte sich, die gewünschten
Angaben nachzureichen und informierte per
Schreiben vom 11. Juli 1950 das Bezirksamt
über seine Pläne:
'In Ergänzung unseres Schreiben vom 20. Juni
1950 möchten wir Ihnen heute noch folgendes
mitteilen: Die oben genannte Stiftung soll
als Altersheim und alten, alleinstehenden
und notleidenden italienischen
Staatsangehörigen als Zufluchtstätte dienen.
Ferner sollen auch hilfsbedürftige,
elternlose italienische Kinder Aufnahme
finden. Die Leitung des Heims sowie die
geistige und kulturelle Betreuung wird in
den Händen des italienischen Missionars Don
Luigi Fraccari liegen. Die technische
Verwaltung und körperliche Pflege wird von
vier italienischen Ordensschwestern aus dem
Orden 'Sorelle della Misericordia'
übernommen werden. Die Schwestern sind mit
Zustimmung und Unterstützung der zuständigen
kirchlichen und amtlichen Dienststellen aus
Verona (Italien) eingetroffen.
In dem Haus sollen später einmal ca. 40 - 50
Personen, einschließlich des Personals,
Unterkunft finden. Soweit für die Heimgäste
Rente bezahlt wird, werden sie ihre
Unterbringungskosten von derselben
begleichen, andererseits werden öffentliche
soziale Behörden einspringen.
Wir bitten um Entschuldigung wegen der
verspäteten Antragstellung. Wir hoffen aber
auch bei Ihnen Verständnis und
Entgegenkommen zu finden wie bei allen
übrigen alliierten und deutschen
Dienststellen. Wir bitten um Ihre Erlaubnis,
das Haus baulich zu verändern, sodass es für
den genannten Zweck nutzbar gemacht werden
kann.'
Dass man im Bezirksamt dem Anliegen
Fraccaris wohlwollend gegenüberstand und in
keiner Weise daran dachte, ihm durch
unerfüllbare Auflagen die Arbeit zu
erschweren, zeigt die nur drei Tage später
eingehende, lediglich zwei Zeilen umfassende
Zusage der Behörde:
'Mit der Nutzung des Hauses
Sophie-Charlotte-Strasse 31 als Altersheim
sind wir einverstanden.'
Formal war nun alles in Ordnung und den
Vorschriften oder amtlichen Stellen war
genüge getan.
Mit der ganzen Kraft konnte man sich nun
wieder der Ausgestaltung von Haus und Garten
für die offizielle Eröffnung widmen.
Im alten Kohlenkeller des Hauses wurde eine
schmucke Kapelle eingerichtet, für die der
italienische Professor Luigi Losito aus
Magdeburg die kunstvolle Bemalung schuf.
Besonders die gemalte Taube am
Kapellenhimmel erregte die Aufmerksamkeit
des Besuchers. Kopf und Schnabel der Taube
schienen sich, egal ob der Blick des
Betrachters von links oder rechts auf sie
fiel, geradewegs auf ihn zu zu bewegen.
Stolz war man auch auf die Heilige Katharina
von Siena und den Ordensstifter Franziskus,
durch deren bunte Glasfenster das helle
Tageslicht in den Kapellenraum drang. Im
Empfangszimmer standen bunte Trachtenpuppen,
in den Glasschränken noch buntere
Buchrücken. Im Garten entstand ein großer
Spielplatz mit einem Springbrunnen. In einem
Teil des Freigeländes wurde eine
Lourdesgrotte zur Verehrung der Gottesmutter
errichtet.
Im Dezember 1950 war es dann endlich soweit,
Don Luigi konnte Freunde und Wohltäter,
offizielle Vertreter von Kirche und Staat
mit folgendem Brief einladen:
'Ich habe die Ehre und die Freude, Sie heute
zur Einweihung unseres Hauses, das
den erlauchten Namen des verehrten Papstes
Pius XII. führt, einzuladen. Die Feier
findet am Sonntag, den 17. Dezember 1950
statt. Zum Abschluss des Heiligen Jahres
möchten wir dem Heiligen Vater, unserem
großherzigen Gönner, als besondere
Huldigung die Fertigstellung unserer
Stiftung melden. Das Haus ist gleichzeitig
Sitz der Katholischen Italienischen Mission
und Heim armer alter Menschen ohne
Angehörige und von Waisenkindern.
Programm: Um 10 Uhr Einsegnung der neuen
Kapelle. Es folgt die Heilige Messe, während
der unser italienischer Chor Sakraments- und
Marienlieder singt. Zum Schluss Einweihung
des neuen 'Haus Pius XII'. Ich hoffe, dass
Sie unsere Einladung annehmen werden und
grüsse Sie ergebenst.'
Da der Berliner Bischof, Konrad Kardinal von
Preysing, wegen einer schweren Erkrankung
die Einweihung nicht persönlich vornehmen
konnte, delegierte er die Aufgabe an
Ordinariatsrat Bernhard Drews.
Das 'Petrusblatt', die Kirchenzeitung für
das Bistum Berlin, berichtete am 24.
Dezember 1950 über die der Einweihung
vorausgehende letzte Phase der Vorbereitung:
'Noch am späten Vorabend des
Einweihungstages sah man junge Italiener am
Zaun um das neuerworbene Grundstück bauen:
einer schlug die Pfähle ein, ein zweiter
nagelte die Latten auf, ein dritter seifte
sie mit Karbol, ein vierter pinselte mit
grüner Farbe. Aber am Sonntag war alles
fertig. Das 'Haus Pius XII', geleitet von
vier italienischen Schwestern des Orden der
'Sorelle della Misericordia' (der hiermit
zum ersten mal deutschen Boden betritt) und
seelsorgerisch betreut von Don Luigi
Fraccari, hat seine Arbeit in
Berlin-Zehlendorf aufgenommen. Das Haus,
welches sein Entstehen einer Spende des
Heiligen Vaters verdankt, wird in erster
Linie die Hilfsbedürftigen der italienischen
Kolonie in Berlin und der DDR betreuen.
Grosse, helle Räume sowie eine im
italienischen Stil gehaltene Kapelle machen
es zu einem angenehmen Aufenthaltsort. Wir
wünschen der kleinen Kolonie einen recht
guten Start auf dem kalten nordischen
Boden.'
Auch wenn die Vorbereitungen und der Start
gelungen waren, so beherrschte in der
folgenden Zeit stets die Sorge um das
finanzielle und materielle Auskommen die
kleine Gemeinschaft. Doch das Vertrauen Don
Luigis war unerschütterlich. Die Hoffnungen,
die viele Menschen nun in ihn setzten, waren
allerdings groß. Er half, wo er konnte, aber
auch seinem besten Willen waren Grenzen
gesetzt. Die Mission musste sich recht und
schlecht durchschlagen. Um allen Bedürftigen
helfen zu können, brauchte man viel mehr als
man hatte. Die Mehrzahl der Italiener in
Berlin war alles andere als wohlhabend. Auch
Arbeitslose waren darunter und viele, die
nicht genug verdienten, um ihre Familie
ernähren zu können. |
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Zur Zeit sind keine Plätze
in unseren Einrichtungen frei
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